„Demokratie als Feind – das völkische Westfalen“

    Geschichte des Republikaner-Denkmals als Schulprojekt

    Im Jahr 1926 wurde auf dem Hohenstein in Witten das sogenannte Republikaner-Denkmal errichtet – und war von Beginn an das Ziel mutwilliger Beschädigung durch rechtsradikale Täter. Schülerinnen und Schüler eines Geschichtskurses der Holzkamp-Gesamtschule haben gemeinsam mit dem Stadtarchiv Witten und dem Geschichtsort Villa ten Hompel aus Münster in dessen Projekt „Demokratie als Feind“ diese Geschichte recherchiert. Einige Ergebnisse sind nun in einem Fensterbild sowie in einem Extrablatt des „Westfälischen Boten“ dokumentiert.


    Milde Strafen für die Täter

    Mit einem großen Festakt hatte der demokratische Wehrverband „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ im August 1926 auf dem Hohenstein in Witten einen Gedenkstein zu Ehren der Politiker Matthias Erzberger, Walter Rathenau und Friedrich Ebert enthüllt. Bereits in der Silvesternacht 1926/27 gab es erste Angriffe auf das Denkmal, bis 1930 folgten weitere. Die jugendlichen Täter, die nur in zwei Fällen ermittelt und vor Gericht gestellt werden konnten, kamen mit milden Geldstrafen davon oder wurden sogar begnadigt.


    Wiederentdeckt in den 1980er Jahren

    Nach ihrer Machtübernahme wandelten Nationalsozialisten das Ehrenmal zunächst zu einer Gedenkstätte für den Freikorpskämpfer Albert Leo Schlageter um. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es zum Teil abgetragen und von Pflanzen überwuchert. Erst Mitte der 1980er-Jahre wurde es wiederentdeckt. 2003 trug die Stadt Witten das Republikaner-Denkmal in seine Denkmalliste ein. Heute erinnert dieses frühe Zeugnis einer demokratische Geschichtskultur in Deutschland wieder an Matthias Erzberger, Walther Rathenau und Friedrich Ebert und steht als ein Mahnmal gegen Hass und Gewalt. Derzeit wird seine Sanierung geplant.
    „Die Erinnerung an den Kampf für und die Attacken gegen die erste deutsche Demokratie sind gerade heute besonders wichtig, weil wir wieder Angriffe auf unsere demokratische Verfassung erleben“, so Dr. Martina Kliner-Fruck, Leiterin des Stadtarchivs Witten. Deshalb unterstützte das Team des Stadtarchivs mit seinen Quellen sehr gern Lehrerin Stefanie Hagedorn von der Holzkamp-Gesamtschule mit ihren Schülerinnen und Schüler bei deren Recherchen.


    „Demokratie als Feind – das völkische Westfalen“

    Das „Zeit-Fenster“ ist Teil des Bildungs- und Ausstellungsprojekts „Demokratie als Feind - das völkische Westfalen“, das der Förderverein des Geschichtsortes Villa ten Hompel in Münster gemeinsam mit lokalen Kooperationspartnern an insgesamt neun Standorten in Westfalen durchführt. Anhand ausgewählter historischer Ereignisse veranschaulicht das Projekt exemplarisch die Mechanismen, Aktionsformen und soziale Praktiken, mit denen rechte und völkisch-nationalistische Akteure zur Zeit der Weimarer Republik die Demokratie in Westfalen systematisch bekämpften. Neben der Idee der „Zeit-Fenster“ in neun Städten gibt die Villa ten Hompel anlässlich des Projekts einen „Westfälischen Boten“ heraus, in dem in Artikeln und Kommentaren einige Erkenntnisse aus den Schülerprojekten dargestellt werden. Der Westfälische Bote ist kostenlos im Stadtarchiv, Bergerstr. 25, und in der Bibliothek, Husemannstar. 12, erhältlich.
    Gefördert wird das Projekt „Demokratie als Feind – das völkische Westfalen“ von der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen und der LWL-Kulturstiftung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe.


    Zitat:

    Der Vertreter der Anklagebehörde bedauerte, daß das neue Republik-Schutzgesetz für diesen Fall nicht zur Anwendung kommen könne. Das Treiben des Angeklagten enthalte die Beleidigung eines verstorbenen Ministers. Gegen solche Auswüchse des politischen Lebens müsse energisch vorgegangen werden, um dieses zu bereinigen. [...] Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen Sachbeschädigung […] zu einer Geldstrafe von 200 Mark. Bei der Strafzumessung hat das Gericht die Jugend, seine Stellenlosigkeit und die damit verbundene schlechte Vermögenslage des Angeklagten, aber auch die Tatsache der Verrohung politischer Sitten erwogen. [...] Aus diesem Straffall kann man mal wieder ersehen, wohin die gerade von den Nationalsozialisten betriebene Verrohung des politischen Lebens unter der Jugend führt. Das Urteil muß als ein viel zu mildes angesprochen werden, denn nur mit Geldstrafen wird man keine Besserung für politisch verrohte Gemüter erwarten können.“


    (Quelle: Wittener Volksblatt vom 21. August 1930)

    Bildnachweis: v. links: Timo Nahler, Villa Ten Hompel, Dr. Martina Kliner-Fruck, Stadtarchiv Witten, mit Schüler*innen der Holzkamp-Gesamtschule und Lehrerin Stefanie Hagedorn (rechts).
    Foto: Jörg Fruck

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