Im Anschluss an das Projekt RuhrKunstNachbarn (2017–2019) richtet das erneut von der Stiftung Mercator geförderte Vermittlungsprogramm RuhrKunstUrban – Museum findet Stadt seine Aufmerksamkeit auf das städtische Umfeld der Schüler*innen und strebt ein öffentlich sichtbares Projekt im jeweiligen Stadtraum der 21 RuhrKunstMuseen an. Die Auseinandersetzung mit der Diversität urbaner Räume birgt hohes inhaltliches Potential und bietet wertvolle Anstöße für künstlerische Prozesse in der Arbeit mit Schüler*innen.
In vielfältigen Workshops lernen Schüler:innen die Aufgaben des Museums kennen, beschäftigen sich mit den Sammlungen und Werken der 21 RuhrKunstMuseen und konzipieren eigene Interventionen und Ausstellungen. Die Kunstvermittler*innen arbeiten mit Schüler*innen jeden Alters und aller Schulformen sowie städtischen Bildungspartnern als „Dritten Orten“ zusammen. Ein „Dritter Ort“ kann ein Stadtteilladen, eine Bücherei oder ein Theater, aber auch ein Tiergehege oder ein Polizeisportverein sein. Diese Orte werden im Projekt RuhrKunstUrban als Erweiterung des musealen Raums gedacht und unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Qualitäten als Atelier und Ausstellungsraum in die Konzeption integriert. Abschließend wird dort gemeinsam mit den Schüler*innen ein öffentlich sichtbares Projekt umgesetzt.
Die Bedürfnisse der schulischen und städtischen Bildungspartner werden aktiv einbezogen; eine dauerhafte Zusammenarbeit wird angestrebt. Ziel ist es, Orte, die in bereits bestehende städtische Strukturen eingebettet sind, als Kooperationspartner zu gewinnen, für kulturelle Bildungsarbeit zu etablieren und längerfristig an die Arbeit der Museen anzubinden.
Das Märkische Museum Witten hat sein Projekt in drei einzelne Segmente aufgeteilt. Im Vordergrund aller Projekte stand das Thema Stadtraum. Ausgehend von den Interessen der Schüler:innen sollten unterschiedliche Aspekte in der Umgebung untersucht und dazu eigene künstlerische Positionen entwickelt werden. Dabei ging es unter anderem um Geschäfte in der Innenstadt, aber auch um Street-Art und Graffiti, die in der ganzen Stadt zu finden sind. Alle Klassen besuchten in ihren Projekten die WERK°STADT – den Dritten Ort, mit dem die Abteilung Künstlerische Bildung des Märkischen Museum zusammenarbeitet. In dem soziokulturellen Zentrum konnten sich die Jugendlichen nach der Schule treffen, in verschiedenen Workshops kreativ werden und Neues ausprobieren. Nicht nur der Ort selbst wurde von den Teilnehmer:innen erkundet, sondern auch der Weg zur WERK°STADT.
Das erste Projekt wurde mit dem Schiller-Gymnasium Witten durchgeführt. Neben Stadtraumerkundungen und kleinen künstlerischen Interventionen standen vor allem die Themen Schrift und Sprache im Vordergrund. Die Schüler:innen suchten und betrachteten auf dem nahegelegenen Rathausplatz Firmenzeichen und Schriftzüge einzelner Institutionen und Geschäfte, mit dem Ziel ihre persönlichen Logos zu entwerfen. Im Anschluss daran untersuchten sie noch einmal sehr genau das städtische Umfeld. Graffiti und Street-Art wurden unter die Lupe genommen. Die Jugendlichen entwickelten unterschiedliche künstlerische Medien, die nun im Stadtraum sichtbar sind: Neben Tape-Art auf dem Schulhof entstanden aus Zollstöcken Buchstaben, mit denen eigene Botschaften in die Welt getragen wurden.
Im zweiten Projekt kooperierte das Museum mit der Pestalozzi-Förderschule in Witten. Mit mehreren Klassen beschäftigten sich die Kunstvermittler:innen Maika Letizia Wolff, Agnes Motz, Anna-Kathrin Otto und David Mellin ebenfalls mit den Themen Stadt, Stadtraum und Schulraum. Hinterfragt wurde, was die Schüler:innen täglich umgibt und wie sie ihr Umfeld künstlerisch verändern könnten. Als Resultat entstanden utopische Stadtansichten durch die Technik der Frottage, aber auch dreidimensionale Landschaften aus Modelliermasse. Jede Woche wurde ein neuer Aspekt des Stadtraums erkundet und mit unterschiedlichen Materialien kleine Arbeiten erstellt.
Im letzten Teilprojekt arbeiteten die Kunstvermittler:innen des Märkischen Museum Witten noch einmal mit der Pestalozzi Schule zusammen. Im Mittelpunkt standen das individuelle Leben und Umfeld der 20 teilnehmenden Achtklässler. Zentrale Fragen, mit denen sich die Schüler*innen beschäftigten waren unter anderem: Wo wohnen wir? Welchen Bezug haben wir zur Stadt Witten? Wie nehmen wir das urbane Umfeld wahr? Welche Orte finden wir schön, welche furchtbar? Auch in dieser Gruppe waren Graffiti und Street Art künstlerische Techniken, die im Umfeld der Schüler:innen zu finden waren. Eigene Tags und Schablonen wurde gestaltet, um diese dann mit Hilfe von Spraydosen in ihre Umgebung zu bringen. Die leeren Spraydosen wurden anschließend als Sticker-Objekte weiterverarbeitet. Selbstdarstellung, aber auch Selbstwahrnehmung und Reflexion spielen eine große Rolle im Leben der Jugendlichen. Mit professionellen Fotoapparaten fertigten die Schüler:innen Selbstportraits und verarbeiteten diese mit Fotobearbeitungsprogrammen zu eigenen Stencils weiter. Zusätzlich konnten die Jugendlichen T-Shirts mit ihren subjektiven Ideen und selbstgestalteten Schablonen bedrucken.