Am Samstag, 27. Januar, findet ab 11 Uhr ein öffentliches Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus mit Kranzniederlegung am Erinnerungsort „Ehemaliges KZ-Außenlager Buchenwald” in Witten-Annen, Immermannstraße / Ecke Westfeldstraße statt. Zur Teilnahme rufen die Stadt Witten, das Kulturforum, die Deutsch-Israelische Gesellschaft AG Witten (DIG) und der Freundeskreis der Israelfahrer auf. Nach Wortbeiträgen u. a. von Bürgermeister Lars König und Robert Falkenroth, Sprecher des Wittener Kinder- und Jugendparlaments, und der Kranzniederlegung laden die Veranstalter und die Evangelische Kirchengemeinde Annen zu einem Gedankenaustausch mit warmen Getränken in die Erlöserkirche, Westfeldstraße 81 ein. „Das Stadtarchiv wird mit einem Büchertisch vor Ort sein. Aufgrund des besonderen Interesses im letzten Jahr zeigen wir noch einmal Objekte und Schriftzeugnisse von Wittener Jüdinnen und Juden, die uns von Nachfahren Ermordeter und von Überlebenden der Shoah als bedeutsame Zeitzeugnisse überlassen wurden,“ so Dr. Martina Kliner-Fruck, Leiterin des Stadtarchivs.
Der Holocaust-Gedenktag
Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar ist in der Bundesrepublik Deutschland seit 1996 gesetzlich verankerter Gedenktag. 2005 erklärten die Vereinten Nationen den 27. Januar in Anlehnung an den Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz (am 27. Januar 1945) zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Er erinnert an alle Opfer weiblichen, männlichen und unbestimmten Geschlechts des totalitären Nazi-Regimes: Juden, Christen, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, politisch Andersdenkende, Widerstandsleistende, Zeugen Jehovas, Kriegsgefangene und Deserteure, Frauen und Männer aus Wissenschaft und Kunst, Zwangsarbeiter – somit an Millionen Menschen, die durch die nationalsozialistische Terrorherrschaft gesellschaftlich ausgegrenzt, entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden. In Witten wird der 27. Januar seit 1997 von der Stadt Witten, dem Stadtarchiv, der DIG, dem Freundeskreis der Israelfahrer, Schulen, Vereinen, Parteien und Verbänden mit verschiedenen Formaten der Erinnerungskultur und Veröffentlichungen begangen. Die Akteurinnen und Akteure trauern über den Verlust und das unfassbare Leid der Opfer; sie erinnern für die Zukunft und wollen - mehr denn je - den Gefahren einer Wiederholung entgegenwirken.
Das ehemalige KZ-Außenlager Buchenwald in Witten-Annen
Der heutige Erinnerungsort im Bereich Westfeldstraße / Immermannstraße ist die Restfläche eines Areals, das seit 1941 als NS-Zwangsarbeitslager und ab September 1944 bis Mitte April 1945 als Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald diente. Somit war es Teil des nationalsozialistischen Lagersystems. Dieser authentische Ort des NS-Verbrechens - lange verschwiegen und in Vergessenheit geraten - wurde in den 1980er Jahren von Schülerinnen und Schülern des Albert-Martmöller-Gymnasiums unter der Leitung von Helmut Schorlemer wiederentdeckt. Seitdem hat das städtische Gelände als Teil des nationalsozialistischen Vernichtungssystems im öffentlichen Gedenken eine zentrale Rolle: 1992 wurde die Fläche unter Denkmalschutz gestellt. Es folgten archäologische Untersuchungen und historische Forschungen, die von der Stadt Witten beauftragt und fachlich begleitet wurden.
Weitere Informationen zu diesem heutigen Ort der Erinnerung stellte das Stadtarchiv 2021 digital bereit, zu finden über folgenden Link: https://www.kulturforum-witten.de/de/stadtarchiv/bestaende/publikationen/
Auschwitz
Auschwitz-Birkenau steht symbolisch für alle Verbrechen und den millionenfachen Mord des NS-Regimes. Das größte nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager wurde 1940 auf Befehl des Reichsführers-SS und Chefs der deutschen Polizei, Heinrich Himmler, etwa 60 Kilometer westlich von Krakau errichtet.
Das Gelände befand sich nahe der Stadt Oswiecim im polnischen Ostoberschlesien. Zunächst wurden 300 Juden aus der näheren Umgebung für Bauarbeiten herangezogen. Ab Juni 1940 trafen die ersten SS-Gefangenentransporte in Auschwitz ein. Anfang März 1941 waren bereits 10.900 Gefangene registriert. Ein Jahr später befahl Himmler den Bau eines zweiten Lagerkomplexes, Auschwitz II oder Birkenau genannt. Anschließend wurde ein drittes Lager - Auschwitz III - im nahe gelegenen Monowitz und fortlaufend weitere Nebenlager errichtet. Die meisten Gefangenen wurden in Birkenau eingeliefert - in der Mehrzahl jüdische Menschen aus Deutschland und Polen. Im Juni 1941 erhielt der erste Lagerkommandant von Auschwitz, Rudolf Höss, von Himmler den Auftrag zur Errichtung von Anlagen zur Massenvernichtung für die „Endlösung“ der Judenfrage. Der systematische und in Arbeitsteilung begangene Massenmord erfolgte ab Januar 1942. Die ersten Opfer waren Jüdinnen und Juden aus Oberschlesien, die mit Zyklon B ermordet wurden. Ab Mai 1942 fanden die ersten Selektionen in so genannte arbeitstaugliche und arbeitsunfähige Häftlinge statt. Alte, schwache, kranke Menschen, Schwangere und Kinder aus den „Judentransporten“ des Reichssicherheitshauptamtes wurden direkt nach ihrer Ankunft selektiert und ohne Registrierung in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Die fabrikmäßige Ermordung der KZ-Gefangenen in Auschwitz, ihre gezielte, brutale Vernichtung durch Zwangsarbeit und die schrecklichen medizinischen Versuche an ihnen sind für uns heute nach wie vor unfassbar - das Leid der Opfer ist unermesslich.
Die SS betrieb die Gaskammern von Auschwitz zwei Jahre und zehn Monate. Allein im Vernichtungslager Auschwitz wurden mehr als eine Millionen Frauen, Männer und Kinder auf bestialische Weise ermordet. Als am 27. Januar 1945 Einheiten der Roten Armee in Auschwitz einrückten, fanden sie lediglich noch 7.600 Gefangene lebend vor. Gleichzeitig entdeckten sie noch 843.000 Männeranzüge, 837.000 Damenmäntel und -kleider, dazu große Mengen an Kinder- und Babykleidung. Sie fanden 44.000 Paar Schuhe und über sieben Tonnen Menschenhaar, verpackt für den Transport zur industriellen Verwertung...
(Text: Kli)
Bildnachweis: Stelen am Erinnerungsort des ehemaligen KZ-Außenlagers Buchenwald in Witten-Annen, Foto: J. Fruck