80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz - Erinnern für Gegenwart und Zukunft am 27. Januar 2025

    Zum öffentlichen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus laden die Stadt Witten, das Stadtarchiv im Kulturforum, die Deutsch-Israelische Gesellschaft AG Witten (DIG) und der Freundeskreis der Israelfahrer e. V. am Montag, 27. Januar, ab 12 Uhr herzlich ein. Die Gedenkveranstaltung findet am Ort der Erinnerung „Ehemaliges KZ-Außenlager Buchenwald” in Witten-Annen, Immermannstraße / Ecke Westfeldstraße, mit einer Kranzniederlegung durch Bürgermeister Lars König statt. Nach kurzen Wortbeiträgen bieten die Veranstalter für Interessierte eine Führung über das Gelände an, das seit 1992 als Bodendenkmal gilt.

    „Aber ich lebe!“

    Abweichend zu den Vorjahren entfällt ein anschließendes Programm in der Evangelischen Erlöserkirche zugunsten einer Gedenkveranstaltung am Abend. Hierzu laden ab 18 Uhr die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen und das Ruhr-Gymnasium in die Aula der Schule, Synagogenstraße 1 ein. Unter dem Titel „Aber ich lebe!“ werden Motive aus der gleichnamigen Graphic Novel mit Überlebensgeschichten von Kindern im Holocaust präsentiert. Dazu berichtet eine Zeitzeugin, wie die Zwangssterilisation von gehörlosen Menschen unter dem Nationalsozialismus ihr Leben beeinflusst hat. Die Veranstaltung wird mit Klezmermusik von Iwona Bialek Painczyk mit ihrer Gruppe begleitet und zwei Gebärdendolmetschende sorgen für die Übersetzung des Programms in Gebärdensprache.

    Der Holocaust-Gedenktag

    Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar ist in der Bundesrepublik Deutschland seit 1996 ein gesetzlich verankerter Gedenktag. 2005 erklärten die Vereinten Nationen den Tag in Anlehnung an die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 zum Internationalen Tag des Gedenkens. Er erinnert an alle Opfer weiblichen, männlichen und unbestimmten Geschlechts des totalitären und rassistischen Nazi-Regimes: Juden, Christen, Sinti, Roma, Zeugen Jehovas, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, politisch Andersdenkende, Deserteure, Menschen aus dem Widerstand, der Kunst und der Wissenschaften sowie Menschen verschiedener Nationalitäten, die Zwangsarbeit leisten mussten. An diesem Tag gedenken wir somit der Millionen Menschen, die durch die nationalsozialistische Terrorherrschaft gesellschaftlich ausgegrenzt, entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden. In Witten wird der 27. Januar seit 1997 von der Stadt Witten, dem Stadtarchiv, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, dem Freundeskreis der Israelfahrer, Schulen, Vereinen, Parteien und Verbänden mit verschiedenen Veranstaltungen und Projekten der Erinnerungskultur sowie Veröffentlichungen begangen. „Wir trauern über den Verlust und das unfassbare Leid der Opfer. Gleichzeitig erinnern wir in der Gegenwart an unsere gemeinsame Verantwortung, allen Gefahren einer Wiederholung entgegen zu wirken.“

    Das ehemalige KZ-Außenlager Buchenwald in Witten-Annen

    Der heutige Erinnerungsort im Bereich Westfeldstraße / Immermannstraße ist die Restfläche eines Areals, das seit 1941 als NS-Zwangsarbeitslager und ab September 1944 bis Mitte April 1945 als Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald diente. Somit war es Teil des nationalsozialistischen Lagersystems. Dieser authentische Ort des NS-Verbrechens - lange verschwiegen und in Vergessenheit geraten - wurde in den 1980er Jahren von Schülerinnen und Schülern des Albert-Martmöller-Gymnasiums unter der Leitung von Helmut Schorlemer wiederentdeckt. Seitdem nimmt das städtische Gelände im öffentlichen Gedenken einen zentralen Stellenwert ein: 1992 wurde die Fläche unter Denkmalschutz gestellt. Es folgten archäologische Untersuchungen und historische Forschungen, die von der Stadt Witten beauftragt und fachlich begleitet wurden. Weitere Informationen zu diesem heutigen Ort der Erinnerung stellt das Stadtarchiv Witten digital bereit, zu finden über folgenden Link: https://www.kulturforum-witten.de/de/stadtarchiv/bestaende/publikationen/

    „Auschwitz“

    Auschwitz-Birkenau steht symbolisch für alle Verbrechen und den millionenfachen Mord des NS-Regimes. Das größte nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager wurde 1940 auf Befehl des Reichsführers-SS und Chefs der deutschen Polizei, Heinrich Himmler, etwa 60 Kilometer westlich von Krakau errichtet.

    Das Gelände befand sich nahe der Stadt Oswiecim im polnischen Ostoberschlesien. Zunächst wurden 300 Juden aus der näheren Umgebung für Bauarbeiten herangezogen. Ab Juni 1940 trafen die ersten SS-Gefangenentransporte in Auschwitz ein. Anfang März 1941 waren bereits 10.900 Gefangene registriert. Ein Jahr später befahl Himmler den Bau eines zweiten Lagerkomplexes, Auschwitz II oder Birkenau genannt. Anschließend entstand ein drittes Lager – 
    Auschwitz III – im nahegelegenen Monowitz sowie fortlaufend weitere Nebenlager. Die meisten Gefangenen – in der Mehrzahl jüdische Menschen aus Deutschland und Polen – wurden in Birkenau eingeliefert. Im Juni 1941 erhielt der erste Lagerkommandant von Auschwitz, Rudolf Höss, von Himmler den Auftrag zur Errichtung von Anlagen zur Massenvernichtung für die „Endlösung“ der Judenfrage. Der systematische und in Arbeitsteilung begangene Massenmord erfolgte ab Januar 1942. Erste Opfer waren Jüdinnen und Juden aus Oberschlesien, die mit Zyklon B ermordet wurden. Ab Mai 1942 fanden die ersten Selektionen in sogenannte arbeitstaugliche und arbeitsunfähige Häftlinge statt. Alte, Schwache, Kranke, Schwangere und Kinder aus den „Judentransporten“ selektierte die SS direkt nach ihrer Ankunft für die Tötung in den Gaskammern von Auschwitz. Die fabrikmäßige Ermordung der KZ-Gefangenen in Auschwitz, ihre gezielte, brutale Vernichtung durch Zwangsarbeit und die schrecklichen medizinischen Versuche an ihnen sind für uns heute nach wie vor unfassbar – das Leid der Opfer war unermesslich.

    Die SS betrieb die Gaskammern von Auschwitz zwei Jahre und zehn Monate. Allein im Vernichtungslager Auschwitz wurden mehr als eine Millionen Frauen, Männer und Kinder auf bestialische Weise ermordet. Als am 27. Januar 1945 Einheiten der Roten Armee in Auschwitz einrückten, fanden sie lediglich noch 7.600 Gefangene lebend vor. Gleichzeitig entdeckten sie noch 843.000 Männeranzüge, 837.000 Damenmäntel und -kleider, dazu große Mengen an Kinder- und Babykleidung. Sie fanden 44.000 Paar Schuhe und über sieben Tonnen Menschenhaar, verpackt für den Transport zur industriellen Verwertung...

    (Text: Kli/Ur)

    Bildnachweis: Stelen am Erinnerungsort des ehemaligen KZ-Außenlagers Buchenwald in Witten-Annen, Foto: J. Fruck