Am Montag, 26. August war eine weitere Premiere des ENSEMBLE_X im Saalbau Witten mit der Performance FLECHTWERK, die sich mit Tanz, Bewegung, Theater und Musik mit Mode und Nachhaltigkeit beschäftigt hat.
Der Saalbau sticht mit seiner besonderen Architektur der 70er Jahre als Theatergebäude in Witten hervor. Anders als viele klassische „Stadttheater“ hat er aber kein Ensemble – eigentlich:
Denn seit diesem Jahr ist das ENSEMBLE_X als Stadtensemble fest am Haus etabliert. Ein Ensemble aus Menschen aus Witten, Profis und Laien, die sich mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzen, Stücke entwickeln und damit das Programm des Saalbaus prägen.
Schon zu Beginn des Premierenabends mischte sich das Publikum auf dem Saalbau-Vorplatz: Junge und alte Menschen, aus Witten und darüber hinaus. Das ENSEMBLE_X hatte zuvor auffällig in der Innenstadt plakatiert und offenbar einen Nerv getroffen:
Die 60 Stühle, die im schummerigen Foyer rund um die Szenenfläche aufgebaut waren, reichten nicht aus. Kurzerhand wurde gemeinschaftlich nach bestuhlt und das Publikum drängte sich auf den Rängen der verschiedenen Ebenen des Foyers: 200 Menschen waren gekommen, um die Premiere zu erleben.
Die künstlerische Einbindung dieses großen, offenen Raumes fügt sich in eine Reihe von neuen Bespielungen ein, die das Saalbau-Team auf dem Weg zu einer neuen Programmatik ausprobiert. Der Saalbau wandelt sich immer wieder und experimentiert mit Formaten wie dem Nachhaltigkeitsforum, der abgeschlossenen Party-Reihe Studio 25 oder dem inklusiven Kulturparkours.
Zu spannungsvoller Live-Musik trat dann das ENSEMBLE_X zunächst mit einer sich langsam steigernden Choreographie auf: Marie Angerer, Willy Formann, Graciela García, Karin Juraschka, Zoe Meining, Aryanne Raymundo und Emely Yábar Tito traten als präsente und beeindruckende Gruppe auf, mit gemeinsamen Bewegungen und intensivem Wechselspiel zwischen den Performenden und der Liveband.
Theresa Heßberg, Holger Werner und Dominic Muscat setzten an Violine, Klarinette und Percussion die zeitgenössische, fragmentarische Komposition von Sönke Gaumert zum elektronischen Sounddesign von Vito Oliveira Azevedo passend zu den sich immer wieder wandelnden Szenen um.
Nach und nach entstanden so Auseinandersetzungen mit Kleidung und Mode in Skulptur, Körper und Bewegung im Kontext des ungewöhnlichen Foyers. Sei es ein Ringen um ein Kleidungsstück, die persönliche Auseinandersetzung mit dem Zylinder des Großvaters oder die Wirkung und Wahrnehmung einer Hose. Dazu hatten eine Reihe von Modeschöpfenden aus der Region ihre Werke zur Verfügung gestellt, die alle eine kritisch-konstruktive Haltung zur Modeindustrie verbindet.
Das Stück schaukelt sich dann zu einem dramatischen Höhepunkt hoch, der die katastrophalen Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken in Bangladesch thematisiert.
Das Ensemble und das künstlerische Team um Beáta Nagy, Paulina Abufhele Meza, Gabriel Carneiro als Regieführende und Choreographierende, sowie Tobias Effing mit dem Bühnen- und Kommunikationsdesign, haben den Spagat bewältigt die soziale Verbundenheit in kollektiven Textilherstellungsprozessen und die Kritik an der globalen Modeindustrie miteinander zu verweben. Im Hintergrund waren Michael Mans und Erik Bohnenschäfer sowie das Veranstaltungsteam und das Team Technik des Saalbaus und viele weitere kooperierende Menschen eng beteiligt.
Das FLECHTWERK wurde mit ausgiebigem Applaus, einer spontanen Rede der Ergriffenheit aus dem Publikum und einer langen Premierenparty gefeiert.
Im Anschluss wurde die zugehörige Ausstellung mit Stücken aus Modedesign, aber auch Leihgaben des Stadtarchivs und des Märkischen Museums Witten im Foyer eröffnet.